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Nachtschicht

Nachtschicht

Die Nacht von Montag auf Dienstag

Nach einem vulkanartigen Start gingen die Schülerinnen und Schüler in ihren Gruppen in die Schulzimmer, in die Turnhalle oder nach draussen.

Die Erfahrung, Aktivitäten, die normalerweise am Tag stattfinden, in der Nacht durchzuführen, war sehr speziell, auch für uns Lehrpersonen.

Die Themen der Workshops waren unterschiedlich, fast alle hatten jedoch mit der Nacht oder mit der Dunkelheit zu tun.

Einige Schülerinnen und Schüler durften die Welt der Blinden kennenlernen, selber spüren, wie sich ein Leben ohne Augenlicht anfühlt, und dabei auch Paolo, einen blinden Menschen kennenlernen.

Andere Jugendliche fotografierten in der Dunkelheit oder stellten gespenstige Schattenlichter her. Es wurde bei Kerzenlicht gemalt und Theater gespielt oder Horrorgeschichten erfunden, auf englisch natürlich.

In der Turnhalle erfuhren Schülerinnen und Schüler, wie schwierig die Orientierung im Dunkeln sein kann, während eine andere Gruppen sich mit so angenehmen Dingen wie Tanzen und Essen beschäftigten.

Allgemein war die erste Hälfte der Nacht einfacher als die zweite, und viele Jugendliche, die im Alltag vermutlich so spät ins Bett gehen wie möglich, waren plötzlich froh, durften sie gegen 6:00 endlich schlafen.

Die Nächte vom Dienstag auf den Mittwoch und vom Mittwoch auf den Donnerstag

In diesen beiden Nächten teilten wir unsere rund hundert Schülerinnen und Schüler in zwei, zeitweise vier Gruppen auf.

Eine Gruppe befasste sich jeweils mit der Natur, die andere mit der Zivilisation.

Der Gruppe Natur wurden Fledermäuse, Füchse, Rehe, Dachse und Igel vorgestellt - nachtaktive Tiere. Die Schüler und Schülerinnen lernten die Lebensweisen dieser Tiere kennen und durften Felle und Stacheln berühren. Eindrücklich war, wie dick das Winterfell eines  Rehes im Gegensatz zu seinem Sommerfell ist!

Wir lernten, wie die Biologen Fotofallen im Gelände aufstellen, um herauszufinden, welche Tiere die Gegend bewohnen. Obwohl unsere Fotofallen nur zwei Nächte vor Ort waren, liess sich ein grosser Dachs fotografieren - eine eindrückliche Überraschung!

Der Besuch einer Ausstellung zum Thema nachtaktive Tiere in der Silberweide, ein nächtlicher Spaziergang durch das Naturschutzgebiet und gemeinsames Grillieren rundeten den Abend ab. Erstaunlich war, wie gross der Hunger mitten in der Nacht sein kann.

Während die Hälfte der Jugendlichen in die Natur eintauchte, besichtigte die andere Hälfte den Flughafen.

Ein grosses Highlight war die A380, die wir fast berühren konnten. Ein derart gigantisches technisches Werk so nah zu erleben, war für die meisten, Jugendliche wie Lehrpersonen sehr beeindruckend.

Nach der Flughafenbesichtigung erlebten unsere Schülerinnen und Schüler das nächtliche Zürich und lernten viel über Stadtgeschichte.

In diesen beiden Nächten kamen alle doch noch zum Schlafen, denn die Programme endeten jeweils um 00:30, trotzdem waren vermutlich alle froh, dass sie am anderen Tag ausschlafen konnten.

Die Nacht vom Donnerstag auf den Freitag

In der letzten Nacht wanderten wir auf den Pfannenstiel. An das Leben in der Dunkelheit waren wir uns ja mittlerweile gewöhnt, trotzdem mussten wir uns zwingen, nicht die ganze Zeit die Taschenlampen anzuzünden, damit sich unsere Augen an die Dunkelheit gewöhnten.

Ausserhalb des Waldes war das kein Problem, aber im Wald war es sehr dunkel. Damit uns in der Dunkelheit niemand verloren ging, mussten wir zusammenbleiben, was nicht ganz einfach war, denn vorne marschierten die Jugendlichen wie bei einem Berglauf, während es hinten etwas gemütlicher zu und her ging. Gegen Mitternacht erreichten wir jedoch alle unser Ziel und assen unseren wohlverdienten Lunch.

Die älteren Schülerinnen und Schüler durften auf dem Turm die Aussicht geniessen, die auch in der Nacht sehr eindrücklich ist.

Gegen 1:00 machten wir uns auf den Rückweg, alle waren froh, dass es jetzt mehrheitlich bergab ging. Das Tempo war nicht mehr ganz so flott wie beim Aufstieg, trotzdem waren die meisten Jugendlichen noch munter genug, um mit ihren Kolleginnen und Kollegen nächtliche Gespräche zu führen.

Mit einer halben Stunde Verspätung kamen wir im Schulareal an. Mit einem grossen Vulkan beendeten wir die Woche und entliessen die Schülerinnen und Schüler in die Ferien.

Diese Woche war für alle eine spannende Erfahrung. Unsere ursprüngliche Idee war, den Jugendlichen, für die die Berufswahl  ein Thema ist, die Welt der Nacht mit Schwerpunkt Berufe der Nacht vorzustellen. Wir machten bei der Organisation die Erfahrung dass man die wenigsten Berufe, die auch nachts ausgeübt werden, besichtigen kann. Häufig sind es Berufe im Sicherheitssektor, wie Polizei und  Feuerwehr oder im Gesundheitsbereich, wie im Spital, Sanität oder Notfall. Das sind alles Berufe, bei denen es schwierig bis unmöglich ist, Jugendliche dabei zu haben, die zuschauen. Auch im Berufsfeld Lebensmittelherstellung, die oft auch nachts produzieren, ist ein Besuch aus hygienischen Gründen nicht möglich. So wurde aus unserer Berufsnacht die Flughafennacht, in der die Schülerinnen und Schüler doch einige Berufsleute bei ihrer spannenden Arbeit beobachten konnten.

Trotzdem erfuhren sie am eigenen Körper, was Nachtarbeit bedeutet, wie schwierig es sein kann, wenn man den Schlaf-Wach-Rhythmus ändern muss. Ich selber habe grosse Achtung vor all diesen Menschen, die Nacht für Nacht dafür sorgen, dass unser Alltag so reibungslos funktioniert, und die nachts da sind, wenn wir es nötig haben.

Projektwochen, Klassenlager und andere Spezialwochen sind wichtige Aktivitäten in der Schule. Sie ermöglichen allen, neben den konkreten Inhalten die vermittelt werden, andere Erfahrungen zu machen, die anderen Schülerinnen und Schüler besser oder auch anders kennen zu lernen.

Auch wir Lehrpersonen lernen unsere Jugendlichen in einer Projektwoche von anderen Seiten kennen. Für die Zusammenarbeit im Alltag mit den Kindern sind derartige gemeinsame Erlebnisse sehr wichtig und bereichernd. 

Für die Sekstufe, Ursina Wiederkehr